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Wo ist Afrika?

Postkoloniale Literaturwissenschaft und interkulturelle Begegnung

„Wo ist Afrika?“ war ein von der Robert Bosch Stiftung gefördertes „Denkwerk-Projekt“, das an unserer Schule von September 2010 bis Juli 2013 durchgeführt wurde. Das dreijährige Kooperationsprojekt zwischen Universität und Schule wurde von den Dozentinnen Françoise Joly und PD Dr. Annette Bühler-Dietrich von der Universität Stuttgart ins Leben gerufen. Neben dem Gymnasium Renningen waren das Goethe-Gymnasium Ludwigsburg, das St. Meinrad Gymnasium Rottenburg und das Lycée Nelson Mandela aus Ouagadougou daran beteiligt. Pro Schuljahr kamen alle deutschen Teilnehmer zu sechs gemeinsamen Workshops zusammen, die an jeder Schule vor- und nachbereitet wurden. Diese Arbeit erfolgte am Gymnasium Renningen im Rahmen einer wöchentlichen AG, der Afrika-AG.

Das Projekt hatte zum Ziel, Afrika jenseits des Katastrophen- und Armutskontinents kennen zu lernen und in seiner kulturellen Vielfältigkeit zu entdecken. Nach allgemeinen Einblicken in die Kolonialgeschichte der afrikanischen Länder wurde der Schwerpunkt noch im ersten Jahr auf das frankophone Afrika gelegt. Der wissenschaftlich geprägte Zugang erfolgte über die Auseinandersetzung mit literarischen Texten und landeskundlichem Material sowie der Analyse von Filmen, Bildern und Liedern.

Im zweiten Jahr richtete sich der Fokus auf das westafrikanische Land Burkina Faso, in dessen Hauptstadt Ouagadougou uns unsere zweiwöchige Studienfahrt im Januar 2012 führte. Diese Reise war der Mittel- und Höhepunkt des Projekts. Alles zuvor so theoretisch Erarbeitete wurde nun lebendig und im direkten Kontakt mit den Schülern des Lycée Nelson Mandela, bei ungezwungenen Treffen mit Schriftstellern, Sängern, Regisseuren, Historikern und Vertretern von Hilfsorganisationen zu konkreten und vor allem persönlichen Erfahrungen. Auch unser Ausflug zu Schlingensiefs Operndorf und die gemeinsam verbrachte Zeit mit den Kindern der damals ausschließlich vorhandenen ersten Grundschulklasse wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Ausgehend von der heutigen Kulturszene West-Afrikas, wie  wir sie  in Ouagadougou kennen gelernt hatten, führte uns das dritte Jahr zu politisch verfolgten oder aus anderen Gründen ausgewanderten afrikanischen Schriftstellern der aktuellen Diaspora-Literatur.

Für die Robert Bosch Stiftung galt es, nach jedem Schuljahr ausführliche Berichte aus Dozenten-, Lehrer,- und Schülersicht abzugeben, wodurch jeder die Möglichkeit hatte, sich die Inhalte noch einmal zu vergegenwärtigen und seinen persönlichen Gewinn daraus zu ziehen. Da neben den inhaltlichen Erkenntnissen das Heranführen an wissenschaftliches Arbeiten eines der Ziele von „Denkwerk“ ist, haben die Schüler in Gruppenarbeit Gemeinschaftshausarbeiten zu den folgenden Themen verfasst, für die sie sich im Anschluss an die Ouagadougou-Reise besonders interessiert hatten und die sie im Rahmen dieser Arbeiten vertiefen konnten:

  • Burkina Faso – ein demokratischer Staat? Die politische Situation seit Thomas Sankara“
  • „Tradition und Moderne“
  • „Entwicklungszusammenarbeit“

Zudem wurden die wichtigsten Ergebnisse der drei Jahre, Anschauungsmaterial sowie Beiträge von und über Kulturschaffende, mit denen wir zu tun hatten, in Form eines Buchs mit dem Titel „Kulturelle Kartographien“ publiziert.

Erhältlich unter: http://schneider-verlag.de/index.php?m=wd&wid=2658

Für weitere Informationen zur Robert Bosch Stiftung „Denkwerk“ und den jährlich stattfindenden Symposien, bei denen wir stets vertreten und im Januar 2013 als Vortragende dabei waren, siehe:
http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/30408.asp
http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/45803.asp

 

 

Austauschbegegnung zwischen dem Gymnasium Renningen
und dem Lycée Nelson Mandela, Ouagadougou

Ein gutes Jahr Vorbereitungszeit
Die ersten Pläne für einen eventuellen Gegenbesuch wurden im Januar 2012 mit den burkinischen Kollegen vor Ort geschmiedet, diese konkretisierten sich mit der Möglichkeit, Fördergelder von der Initiative PASCH des Pädagogischen Austauschdienstes zu erhalten. Mit dem positiven PASCH-Bescheid, dank zahlreicher Sponsoren und nach Überwindung der vielen administrativen Hürden durften wir unsere zwölf burkinischen Gäste am 29. November 2012 am Stuttgarter Flughafen willkommen heißen.

Das Thema der Austauschbegegnung
Unsere Austauschbegegnung fand unter dem Thema „Tradition und Moderne“ statt. Ziel war es, einen interkulturellen Austausch zwischen den Schülern zu ermöglichen, bei dem jede Seite bestimmte Traditionen des jeweils anderen Kulturkreises kennen lernen sollte, um diese mit den eigenen auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin abzugleichen.
Am zweitägigen „Wo ist Afrika?“-Workshop an der Uni Stuttgart behandelten wir zunächst das im „Denkwerk“-Programm vorgesehene Thema der Diaspora-Literatur. Danach ging es um unser Thema „Tradition und Moderne“: Die Schüler tauschten sich in gemischten Kleingruppen über burkinische und deutsche Märchen und Fabeln aus, stellten Vergleiche an und versuchten jeweils die Botschaft bzw. Moral auch noch für heute daraus zu ziehen, um Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Denk- und Erziehungsweise unserer beiden Kulturen festzuhalten. Ihre Ergebnisse stellten sie in kleinen Szenen dar, die am Abschlussabend des 7. Dezembers 2012 in der Aula unserer Schule präsentiert wurden.

Die Ausflüge
Unsere Ausflüge nach Rottenburg und Ludwigsburg bestanden neben den Besuchen an den Kooperationsschulen von „Wo ist Afrika?“ aus Führungen durch die Altstadt mit Besichtigung des Rottenburger Doms einschließlich Orgelvorführung und kleinem Konzert sowie aus einer Führung durchs Ludwigsburger Schloss mit anschließendem Gang über den Weihnachtsmarkt.
Diesen beiden Ausflugszielen, die in den Bereich der Tradition fielen, stand der Besuch des Mercedes-Benz-Museums gegenüber, das dem Aspekt der Moderne gerecht werden sollte.

Die Workshops an der Schule
An den Tagen, an denen die Burkiner bei uns an der Schule waren, nahmen sie zunächst mit ihren Partnern am Unterricht teil, um einen kleinen Einblick in deren Schulalltag zu gewinnen. Für die restliche Zeit führten sie zusammen mit jeweils anderen Schülergruppen unseres Gymnasiums Workshops durch, in denen das Thema „Tradition und Moderne“ in den Bereichen Kunst, Musik und Tanz umgesetzt wurde.
Zudem gab es den einmalig stattfindenden Workshop Backen, bei dem deutsche Weihnachtsplätzchen gebacken und burkinischer Bissup (Saft aus Hibiskusblüten) gekocht wurden.

Deutsch-burkinischer Abend in der Aula
Die Ergebnisse der Workshops wurden am Freitag, dem 7. Dezember 2012, beim deutsch-burkinischen Abschlussabend präsentiert. Im Anschluss an den offiziellen Programmteil gab es im Foyer unseres Gymnasiums einen Umtrunk mit Fingerfood-Büffet, bei dem die Burkiner, unsere Schüler, Eltern, Kollegen, unsere Sponsoren und alle weiteren Gäste bei einem Glas Sekt oder Bissup miteinander ins Gespräch kamen oder auch spontan die freigewordene Aula nutzten, um auf afrikanische Musik zu tanzen.

Wie geht’s weiter?
Nach dieser bereichernden und so positiv verlaufenen Erfahrung waren sich beide Schulen einig, die Zusammenarbeit auch nach Beendigung des „Denkwerk“-Projekts fortzusetzen.
In diesem Schuljahr haben sich auf beiden Seiten neue Gruppen aus interessierten Schülern der Klassenstufe 9 und 10 bzw. der Seconde gebildet, die seit September 2013 als Mitglieder der Afrika-AG unserer Schule bzw. des Club allemand des Lycée Nelson Mandela einmal in der Woche zusammen kommen, um sich über Brief- und Mail-Kontakt sowie durch zusätzliche Recherchen die Lebenswelt ihrer Partner am Werdegang eines Kinds zu erschließen. Parallel dazu besteht auf Lehrerseite ein reger Austausch zwischen den Kollegen, die an beiden Schulen in kleinen Arbeitsgemeinschaften daran arbeiten, eine langfristig bestehende Schulpartnerschaft in die Wege zu leiten.

Leitung der Afrika AG:

Doris Demel (Dem@gymren.bb.schule-bw.de)